vogelfocus herzkerl der natur
Teilweise markiert, jetzt war mir klar was der Hinweis bedeutet. Dem blauen Dreieck folgen, wo ist es nur immer? Schlussendlich folge ich der gedruckten Karte und meinem Bauchgefühl. Links halten, am Waldrand entlang, über Wiesen, Asphalt und steinige Äcker – schwäbische Alb eben. Rechts nun die angekündigte Wacholder Heide, ich bin richtig und vorne am Wald lädt ein romantisch angelegtes Bänkchen zum Verweilen ein. Vesper raus, fette Dosenwurst und frische Wecken. Mein Standardprogramm. Routiniert schneide ich die Schinkenwurst mit meinem Schweizer Taschenmesser in breite Streifen und schiebe sie in die Wecken. Ich trinke ein Iso dazu, und meine Welt ist in Ordnung. Na bei dem Wetter, die Sonnen brennt mittlerweile herunter und Schäfchenwolken zwinkern vom Himmel. Einem steinigen Sträßchen links folgend wandere ich weiter durch das bunt blühende Wiesental abwärts in Richtung Warmtal. Nach kurzem Waldstück am Waldrand weiter. Dann einen kurzen Abstecher nach rechts hinauf zum „Lohrmanns- buckel“ mit reichem Vorkommen verschiedener Orchideen. Doch noch immer kein Frauenschuh. Etwas enttäuscht geh ich nach der Umrundung des Buckels zurück zum Sträßchen und die letzten Kilometer am Waldrand entlang zurück zum Wanderparkplatz. In einem T1-Camper mit H-Kennzeichen sitzt hinter der offenen Heckklappe ein junges Pärchen mit dampfenden Kaffeetassen in der Hand. Mit hängendem Kopf schimpft die Brünette vor sich hin, viel gelaufen, verlaufen - immer dem Wegweiser „teilweise markiert“ hinterher. Und doch keinen Frauenschuh gefunden oh je die Stimmung war am Boden. Der heiße Kaffee hilft nicht wirklich! Ich versuche zu trösten, auch ich habe den so schön plakatierten Frauenschuh auf der Infotafel erfolglos gesucht man muss sich eben auskennen. Da hilft alles nix. Jetzt biegt mit schleifender Kupplung und jaulendem Motor eine mit vier betagten korpulenten Damen vollgepackte Coladose in den Parkplatz ein. Echte Gartenfeen, mein erster Gedanke. Die wissen Bescheid. Die Chefin steigt aus, Gleitsichtbrille, Dauerwelle und laut. Unverblümt spreche ich sie an: „Ihr kennt euch aus. Wo blüht der Frauenschuh?“ Leider auch keine Ahnung. In dem Moment fährt ein Grauer auf seinem elektrifizierten, ADAC-orangem Mountainbike vorbei. Die Laute schreit in herunter: Wo blühd noh der Frauenschuh?“ Der Alte haut sofort die Micke rein, dass es ihn beinahe überschlägt. In seinem breitem Schwäbisch: „Kommd nur mid Mädle, i zeich eich wo er blühd! Da drüba im Wald!“
Ein zerfleddertes botanisches Heftchen über einheimische Wiesenorchideen, welches bei einer dieser unerträglich langen Busreisen ungelesen durch die Reihen des Reisebusses zu wandern schien, weckte in mir urplötzlich das Interesse an deutschen Wiesenorchideen. Unerklärlich, aber offensichtlich hatte ich bislang kein Auge hierfür. Das Thema Wiesenorchideen ging mir von nun an nicht mehr aus dem Kopf. Fingerwurz, Knabenkraut, Orchis oder auch Nestwurz - was für komplizierte Namen, wer soll sich das denn merken können. Völlig fasziniert war ich vom Frauenschuh, unserer größten einheimischen Orchidee. Ich begann im Internet zu recher- chieren und siehe da, völlig überraschend fand ich unter Out- dooractive, ein Tourenplaner für Outdoorsportler, eine Wander- route zum Frauenschuh im Warmtal bei Langenenslingen. Also direkt vor meiner Haustür am Fuße der schwäbischen Alb. Ich war verblüfft. Ich wandere altmodisch mit einer Karte in der Hand, weil ich es einfach lieb. Mit einem snipping tool am PC generiert und auf nachhaltig recyceltem DIN A3-Blatt mit dem Laserdrucker in der Firma schwarz-weiß ausgedruckt. Die Route zeichne ich dann mit einem stumpfen roten Holzmalstift akkurat nach oh mein Gott. Fachmännisch wird das Papier dann in Kartenformat gefaltet. Eine Zettelwirtschaft die in der Seitentasche meiner ausgewaschenen Wandershorts verschwindet. Ich biege rechts ein und zwänge mich an dem schmalen asphal- tierten Feldweg an einem nato-oliven Mercedes-Benz-G-Modell der 90er Jahre vorbei, sein Lack schreit nach Waschstraße. In Schlangenlinien führt die Straße vorbei an gelb blühenden Rapsfeldern und satten grünen Wiesen zu einem kleinen Wan- derparkplatz direkt am Waldrand. Eine riesige Infotafel mit Abbildungen des Frauenschuhs weist drauf hin, hier bin ich richtig. Ich schlupfe in meine alt bewerten Wanderschuhe, streife mir meinen Rucksack mit Fotoapparat, Vesper und zwei Flaschen Iso im Gepäck über und los geht es. Ich stapfe links am Waldrand durchs taunasse Gras aufwärts und folge dem Wegweiser „Die Alte Burg“. Rechts dann ein breiter Schotterweg der mich in den düsteren Wald hinein führt. Es geht steil Berg auf. Mein Blick sucht den Wegrand ab. Tatsächlich da steht die erste Orchidee. Ein wunderschönes solitär stehendes geflecktes Knabenkraut. Ein Grinsen huscht über mein Gesicht. Geht doch. Die Zettelwirtschaft führt mich auf einen Trampelpfad nach rechts in den Jungwald. Ich folge den Stelen mit roten Farb- klecksen. Nach siebzig Metern gebe ich enttäuscht auf und geh zurück – kein Frauenschuh. Ich bin wieder auf dem Forstweg, es geht weiter bergauf. Ein schmaler Pfad führt mich zur „Alten Burg“, einer keltischen Ruine. Unspektakulär, lediglich mit einer neu erstellten Nachbildung eines Mauerstückes. Immerhin eine schön aufgemachte Infotafel, welche eine Geschichte erzählt.
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Auf der Suche nach dem Frauenschuh

Warmtal - Geflecktes Knabenkraut Am Fuße der schwäbischen Alb Bunt blühendes Wiesental Frauenschuh - unsere größte einheimische Orchidee
PURE Botanical Gardens

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